Interview zur veganen Schulverpflegung und zur Elterninitiative „Mehr Pflanzenkraft für Schulen!“

Ann-Marie Orf und Sarah Kalyanii Bihari aus Berlin haben die Initiative „Mehr Pflanzenkraft für Schulen!“ ins Leben gerufen. Wir wollten wissen, was es damit auf sich hat und welche Tipps sie für Eltern veganer Schulkinder haben.

Viele Eltern stoßen auf Widerstand, wenn sie beim Schul-Caterer nach veganem Essen für ihre Kinder fragen. Was sind hier typische Probleme und welche Erfahrungen habt ihr selbst gesammelt?

Kaly: Manchmal wird die Lieferung rundheraus verweigert, ohne große Erklärungen. Es gibt aber zum Beispiel auch Caterer, die Eltern raten, sich ein Attest zu holen und so nachzuweisen, dass aus gesundheitlichen Gründen vegan gegessen werden muss – obwohl sie wissen, dass keine gesundheitlichen Gründe vorliegen. Darauf sollte man sich meiner Meinung nach nicht einlassen, denn zum einen wollen wir ja, dass klar ist, dass es hier um ethische und ökologische Aspekte geht, und zum anderen sprechen wir hier über ein Falschattest. Das ist keine Kleinigkeit und es dürfte ohnehin schwer sein, Ärzt:innen zu finden, die bei so was mitmachen. (…)


Ann-Marie: Und natürlich ist es nicht sehr hilfreich, wenn veganem Essen mit dem Hinweis darauf eine Absage erteilt wird, dass es bei zwei Menülinien ja jeden Tag mindestens ein vegetarisches Essen gibt. Das kommt auch öfter mal vor. Da fehlt jedes Verständnis dafür, dass ein vegetarisches Essen für ein Kind, das vegan leben möchte, keine Option ist. 

Meine Erfahrung ist, dass man mit guter Kommunikation oft weiterkommt, wenn man hartnäckig bleibt. Ich hatte das auch schon, dass es eines gewissen Verhandlungsvorlaufs bedurfte, bis veganes Essen für meinen Sohn geliefert wurde. Dann lief es allerdings wirklich gut. Mit dem aktuellen Caterer an der Schule meines Sohnes gab es überhaupt keine Probleme, da ist veganes Essen ganz einfach als Sonderkost bestellbar. Das ist zwar noch weit weg vom Idealzustand, im Moment aber das Best-Case-Szenario. (…)

Was ratet ihr Eltern, deren Kindern veganes Essen vom Schul-Caterer verweigert wird?

Kaly: Ich glaube, im Endeffekt muss da jede Familie ihren eigenen Weg finden. Ich finde es falsch, sich auf die Attest-Sache einzulassen, aber ich kenne Eltern, für die war das die richtige Lösung. Die hatten einfach keine Nerven, diesen Kampf zu führen, und das kann ich sehr gut verstehen. Da gibt es im Moment einfach noch Stolpersteine, die es nicht geben dürfte. Das ist schon wirklich verrückt: Es gibt nichts Effektiveres, was wir als Einzelne zum Schutz der Umwelt und des Klimas tun können, als auf eine rein pflanzlicheErnährung umzustellen. Das Gemeinwohl profitiert also von jedem einzelnen Menschen, der vegan lebt – und trotzdem wird es Veganer:innen in vielen Settings immer noch so schwer gemacht.

Ann-Marie: (…) Wir leisten als vegane Menschen durch unsere Lebensweise einen ganz entscheidenden Beitrag zur Gesellschaft und gerade auch als vegane Eltern sind wir Vorbilder, und das nicht nur für unsere Kinder. Mit diesem Selbstbewusstsein und diesem Gefühl für Selbstwirksamkeit sollten wir in schwierige Gespräche gehen, finde ich. Mir hilft da auch der Gedanke sehr, dass es mit jedem Stolperstein, der aus dem Weg geräumt wird, leichter für alle wird, die nachkommen. Und je leichter es wird, vegan zu leben, auch mit und als Familie, desto mehr Menschen werden das auch tun. Denn dass es viele gute Gründe dafür gibt, ist inzwischen wohl den meisten klar.

Kaly: Wichtig ist auf jeden Fall, zu wissen, dass es einen Anspruch auf Selbstversorgung gibt, der durch die Freiheitsrechte geschützt ist. Verweigert der Caterer veganes Essen, dürfen die Eltern ihrem Kind also jeden Tag Essen mit in die Schule geben. Das bedeutet für die Eltern aber natürlich in jedem Fall einen zeitlichen Mehraufwand. Wenn das Schulessen nicht in Anspruch genommen wird, ist es außerdem wichtig, sich von den Kosten dafür befreien zu lassen – nicht nur, um selbst finanzielle Einbußen zu vermeiden, sondern auch, um eine Verpflegung mit Tierprodukten in der Schule nicht mitzufinanzieren. Die Befreiung kann ganz problemlos vonstattengehen, es kann aber auch rechtlicher Beistand notwendig werden, wenn sich die Verantwortlichen querstellen. (…)

Ann-Marie: Für viele ist die Selbstversorgung momentan die beste Lösung, hier muss sich aber grundsätzlich was ändern. Es muss ganz normal und einfach werden, in der Schule wirklich klima- und tierfreundlich zu essen, wofür sich ja auch Aktion Pflanzen-Power ganz toll einsetzt. Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir aber insgesamt mehr Druck aufbauen. Da ist individueller Aktivismus total wichtig. Es zählt also jede:r Einzelne, der:die sich intensiv mit dem Caterer auseinandersetzt, die Schulleitung involviert, andere Eltern und Lehrkräfte mobilisiert, das Thema beim Elternabend auf die Agenda setzt, versucht, die Presse für das Thema zu interessieren, die lokalen Verantwortlichen anschreibt usw. usw. Und natürlich ist auch der Klageweg eine Option, wenn man persönlich betroffen ist, denn stellvertretend kann nicht geklagt werden. (…)

Ihr habt die Initiative „Mehr Pflanzenkraft für Schulen!“ gegründet. Was hat es damit auf sich?

Kaly: Mit der Initiative wollen wir einerseits erreichen, dass es ganz einfach wird, in der Schule durchgängig vegan zu essen, aber auch, dass ganz allgemein in der Schulverpflegung noch stärker auf Pflanzliches gesetzt wird. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) hat durch ihren Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen einen maßgeblichen Einfluss darauf, was in den Schulen auf den Tisch kommt, daher steht sie im Fokus unserer Initiative. (…)

Könnt ihr kurz erläutern, wie ihr die Situation rund um die DGE und ihren Einfluss auf die Schulverpflegung aktuell seht?

Kaly: Tatsächlich ist die Ausgangslage hier in Deutschland im internationalen Vergleich ganz gut. Es wird ja gern auf die DGE geschimpft, da hat sich in den letzten Jahren aber wirklich viel getan. (…)

Ann-Marie: Ganz allgemein stünden wir in Deutschland nicht schlecht da, wenn die DGE-Standards für die Gemeinschaftsverpflegung flächendeckend umgesetzt würden, das ist aber leider nicht der Fall. Der Schulstandard ist derzeit nur in wenigen Bundesländern verbindlich, unter anderem in Berlin. (…) Dass hier auf lokaler Ebene angesetzt werden muss, ist eine wichtige Erkenntnis für alle, die im Bereich Schulverpflegung etwas bewegen wollen, denke ich. Mit lokal ist hier übrigens auch nicht zwangsläufig die Länderebene gemeint – hier können auch einzelne Städte vorpreschen. In Tübingen beispielsweise gibt es seit dem Schuljahr 2021/2022 nur noch 1 x die Woche Fleisch oder Fisch, das hat die Stadt so entschieden.

Ist zu erwarten, dass es vegane Kinder in der Schule in Zukunft einfacher haben?

Ann-Marie: Eine durchgängige vegane Verpflegung wird wohl nicht den Status erhalten, den wir uns wünschen, solange die DGE eine vegane Kinderernährung nicht empfiehlt. Dabei muss man sich allerdings klarmachen, dass sie nicht ausdrücklich davon abrät, sondern sich einfach zurückhaltend äußert, weil sie der Ansicht ist, dass die Datenlage immer noch unzureichend ist und deshalb aktuell keine „zufriedenstellende Einschätzung“ vorgenommen werden kann. Auf diesen Einwand, das DGE-Positionspapier „Vegane Ernährung“ von 2016 und die Ergänzung dazu aus dem Jahr 2020 gehen wir in unseren Schreiben an die DGE auch ein.

Das Interview in voller Länge (in dem es auch um die spezifische Situation in Berlin geht) sowie alle anderen Infos zu dieser Initiative und die zugehörige Korrespondenz findet ihr unter diesem Link: 
https://www.meatthetruthforyourkids.com/pflanzliche-re-schulverpflegung-initiative/

Weitere Informationen zur veganen Schulverpflegung: https://ecodemy.de/magazin/vegane-schulverpflegung/

Bildquelle: Ann-Marie Orf und Sarah Kalyanii Bihari

Interview über die Schulverpflegung von morgen

Prof. Dr. Volker Peinelt leitete 14 Jahre lang das Referat Gemeinschaftsgastronomie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Anschließend war er über 20 Jahre an der Hochschule Niederrhein aktiv und entwickelte unter anderem ein Konzept für eine hochwertige Schulverpflegung. Er war einer der beiden wissenschaftlichen Leiter des 2015 veröffentlichten „Handbuchs der Gemeinschaftsgastronomie“, das mit über 60 Autorinnen und Autoren alle wichtigen Bereiche abdeckt. Im Interview spricht er über seinen Ansatz, die Schulverpflegung in Deutschland zu optimieren.

Herr Prof. Dr. Peinelt, warum braucht es Ernährungsunterricht und Lehrküchen in Schulen?

Es geht hierbei um die Vermittlung von Ernährungswissen und Geschmackserfahrungen sowie praktischen Fertigkeiten bei der Zubereitung von Gerichten. Die Schülerinnen und Schüler sollten lernen, gesunde und schmackhafte Menüs zusammenzustellen und dies in einer Lehrküche auch ausprobieren dürfen. Nur wenn Kinder über Jahre zu Ernährungsthemen geschult werden, können bessere Ernährungsgewohnheiten dauer­haft geprägt werden.

Wir werden oft gefragt, ob es nicht am besten sei, direkt in der Schule frisch zu kochen anstatt sich das Essen liefern zu lassen.

Unter optimalen Voraussetzungen ist die Frischkost das beste Produktionssystem. In Japan funktioniert das einwandfrei, nicht aber in Deutschland. Wir haben nicht genügend Küchenfachkräfte: Die Zahl der Auszubildenden geht kontinuierlich zurück und die Abbruchquote ist sehr hoch (circa 60 %)[1]. Außerdem ist der Investitions- und Raumbedarf bei dieser Kostform am höchsten – sowie übrigens auch die Hygiene-Anforderungen. Hinzu kommt, dass Schulen keine Essenspflicht haben und vor allem in den weiterführenden Schulen oft weniger als 10 % der Kinder am Essen teilnehmen. Somit würden sich die Kosten für ein Frischkost-Essen auf bis zu 10 € belaufen [2]. Welche Eltern können sich das leisten? Der Staat müsste dieses System massiv subventionieren und viele Voraussetzungen erst einmal schaffen, ist dazu aber nicht bereit. Daher wäre ein temperaturentkoppeltes System an Schulen zu bevorzugen: „Cook & Chill“ oder „Cook & Freeze“ sind solche Verfahren, bei denen das Essen zentral zubereitet und an der Schule nur noch erwärmt werden muss. Die Qualität dieser Gerichte ist mit der von Frischkost vergleichbar.

Wie kann das Verpflegungssystem an Schulen optimiert werden?

Wir müssen wegkommen von schulspezifischen und unprofessionellen Lösungen. Stattdessen müsste die Schulverpflegung in größerem Maßstab organisiert werden, mindestens auf kommunaler Ebene. Der Aufwand ist viel zu hoch, wenn jede Schule das Rad neu erfindet. Aber leider wird es in Deutschland genau so gehandhabt, obwohl es qualifizierte Caterer mit dem System der Temperaturentkopplung gibt, die viele Schulen beliefern könnten. Das wäre rationeller, kostengünstiger und qualitativ hochwertig.

Was sollte aus Ihrer Sicht an der Schulverpflegung am dringendsten geändert werden?

Wegen gravierender Schwachstellen in der Schulverpflegung kann nur eine Zertifizierungspflicht auf Basis einer umfassenden Prüfung Abhilfe schaffen, die alle wesentlichen Aspekte abdeckt. Die Qualitätsstandards der DGE können da als Einstieg dienen[3]. Der Prüfkatalog muss aber wesentlich umfangreicher sein. Eine solche Zertifizierung mit jährlichen Folgeprüfungen könnte ein dauerhaft hohes Niveau der Schulverpflegung sicherstellen. Die Hochschule Niederrhein hat ein solches Konzept entwickelt, das inzwischen vom TÜV Rheinland angewendet wird. Es könnte in kurzer Zeit in ganz Deutschland eingeführt werden, wobei pro Essen nur lediglich 1 Cent (!) Mehrkosten anfielen[4]. Da eine Zertifizierungspflicht aber fehlt, kann jede Schule ihr eigenes Konzept umsetzen. Fehlende Kontrollen haben zur Folge, dass Hygienekonzepte nur in etwa der Hälfte der Schulen vorhanden sind – von anderen Schwachstellen ganz zu schweigen. Dies müsste eigentlich zur Schließung zahlreicher Schulmensen führen.

Welche gravierenden Probleme sehen Sie noch?

Die genannten Schwachstellen hängen mit dem Professionalisierungsgrad zusammen, der in der Schulverpflegung einer der schlechtesten in der gesamten Branche ist. Das starke Nachwuchsproblem kann nur durch personalsparende Systeme wie der Temperaturentkopplung gelöst werden. Die massenhafte Umsetzung scheitert unter anderem auch an der geringen Zahlungsbereitschaft. Deshalb gibt es hierzulande so viele Warmverpflegungsangebote, also Essen, das in Zentralküchen gekocht, warm angeliefert und dann noch in den Schulen warm gehalten wird – insgesamt bis zu 6 Stunden. Außerdem glauben viele Eltern, die Schulverpflegung selbst managen zu können und unterschätzen dabei die Komplexität und die Erfüllung rechtlicher Anforderungen. Ein großes Problem ist natürlich auch, dass sich der Staat nicht wirklich um das Thema kümmert. Zwar gibt es Vernetzungsstellen in den Bundesländern, doch können sie nur wenig bewirken. Dabei ließe sich eine hohe Qualität leicht finanzieren: Wenn für jedes Essen 5 € vom Staat gezahlt würde (Vollkosten), entstünden bei 3,2 Millionen Schülerinnen und Schülern[5] und einer Essensteilnahme von durchschnittlich 30 % bei angenommenen 220 Schultagen Gesamtkosten von circa einer Milliarde € pro Jahr. Das wären nur 8,8 % der Subventionierung klimaschädlicher Dienstwagen in Deutschland[6]. Dies zeigt die Prioritäten deutscher Politik.

Sie sagen, dass Qualitätsanforderungen nicht nur für das Mittagessen, sondern auch für die Pausenverpflegung beziehungsweise den Kioskverkauf aufgestellt und kontrolliert werden sollten. Wie können Schulen das umsetzen?

Eine Umsetzung ist am besten möglich, wenn ein qualifizierter Dienstleister verpflichtet wird, auch dieses Segment zu bedienen. Was Schulen dabei beachten müssen, steht zum Beispiel im DGE-Qualitätsstandard. Eine Kontrolle des Dienstleisters könnte am besten im Rahmen der Zertifizierung erfolgen. Auf keinen Fall sollte ungeschultes Personal den Verkauf übernehmen. Die Angebotsqualität ist dann erfahrungsgemäß schlecht.

Geht es bei der Zertifizierung auch um Nachhaltigkeit?

Die vom TÜV Rheinland durchgeführte Zertifizierung legt auch großen Wert auf die Nachhaltigkeit[7]. Eine Schule kann im Erfolgsfall sogar ein eigenes Nachhaltigkeits-Zertifikat erhalten. Erforderlich sind dafür gute Ergebnisse in allen Bereichen der Nachhaltigkeit: Gesundheit, Ökologie, Wirtschaft und Soziales. Die Kriterien hierfür beziehen sich zum Beispiel auf das Speisenangebot, die Herkunft der Lebensmittel (Öko-Landbau), Maßnahmen zur Reduzierung des Speiseabfalls oder Schulungen in Sachen Nachhaltigkeit.

Vielen Dank für das Interview, Prof. Dr. Peinelt.


Veggie-Schule in Freiburg: Hier kochen die Kinder mit

Die Kapriole in Freiburg im Breisgau ist eine von etwa 100 freien Alternativschulen in Deutschland. Für die rund 150 Schülerinnen und Schüler stehen ausschließlich vegan-vegetarische Gerichte auf dem Speiseplan. Im Interview erzählen die Köchin Maike Weis und die Lehrerin Sabine Herzmann, warum sich die Schule für die Veggie-Küche entschieden hat und wie diese bei den Kindern ankommt.

Wie fügt sich das vegan-vegetarische Küchenkonzept in das Gesamtkonzept der Kapriole ein?
Sabine Herzmann: Die Kinder an der Kapriole haben die Freiheit zu lernen, wann, wo, was, wie und mit wem sie wollen. Als freie demokratische Schule gehen wir außerdem respektvoll und verantwortlich miteinander, mit unserer Umgebung und mit der Welt um. Die Frage, wie wir uns ernähren, ist ungemein vielschichtig. Sie reicht von unserer persönlichen Gesundheit über globale Gerechtigkeit bis hin zum Klimawandel. Eine vegan-vegetarische Schulküche ist eine naheliegende Umsetzung dieser Werte und hat sich deshalb ganz natürlich in die Entwicklung der Schulgestaltung eingefügt.

Wie werden die Schülerinnen und Schüler in die Menüauswahl und die Essenszubereitung einbezogen?
Maike Weis: Die Schülerinnen und Schüler können jederzeit Lob und Kritik an der Menügestaltung äußern. Spezielle Essenswünsche werden nach Möglichkeit in die Tat umgesetzt. Die Küche steht kleinen und großen Helferinnen und Helfern fast immer offen. Zusätzlich gibt es Projekttage zum Thema Kochen, beispielsweise um den Aspekten „gesund“ und „saisonal“ nachzugehen.

Sabine Herzmann: Auf Schulfahrten versorgen wir uns selbst. Hier werden Kochgruppen gebildet, die individuell entscheiden, was sie zubereiten möchten. Außerdem gibt es einen Backclub und regelmäßige Backangebote. Die selbst gemachten Leckereien werden dann in der Schule verkauft, um die Zutaten zu finanzieren. Auch an dieser Stelle können die Kinder Wünsche äußern, gemeinsam Rezepte aussuchen und diese nach Belieben mit alternativen Zutaten gestalten.

Wie sieht das Angebot an pflanzlichen Gerichten aus?
Maike Weis: Das Essen ist immer vegetarisch, zusätzlich gibt es eine vegane Option. Außerdem stehen eine glutenfreie Alternative sowie Vollkornprodukte zur Wahl. Wichtig ist vor allem, dass die Mahlzeiten ausgewogen sind. Bunte Salate mit Sprossen, Rohkost und gerösteten Nüssen machen Appetit und Lust auf Gesundes. Mit einer abwechslungsreichen Auswahl an Soßen, Pestos und Dips bieten wir für etwas für jeden Geschmack. Unsere Zutaten stammen zu 100 % aus biologischem Anbau. Das meiste Obst und Gemüse beziehen wir sogar direkt aus der Region.

Wie wird das Thema fleischfreie Ernährung in den Unterricht integriert?
Sabine Herzmann: In der Auseinandersetzung mit ihren eigenen Lebens- und Ernährungsgewohnheiten kommen Schülerinnen und Schüler immer wieder auf das Thema. So bringen sie es entweder selbst in die Schulgemeinschaft ein oder stoßen im Rahmen verschiedener Themenschwerpunkte darauf. Beschäftigen wir uns beispielsweise mit Landwirtschaft oder Klimawandel, kommt die vegetarisch-vegane Lebensweise zur Sprache. Auch im Fach „Gesundheit und Soziales“ sowie beim gemeinsamen Backen im Backclub stellen wir den Bezug her.

Welche Herausforderungen und welche Chancen sehen Sie für die vorwiegend pflanzliche Schulverpflegung?
Maike Weis: Ohne Fleisch zu kochen ist gar kein Problem. Milchalternativen sind manchmal etwas ungewohnt für den Geschmackssinn der Kinder, aber mit ein paar kleinen Tricks lassen sich auch diese problemlos in den Menüplan einbauen. Besonders einfach ist veganes Backen: Kuchen und Co. schmecken allen gut.
Vegetarisch zu essen ist mittlerweile ja schon etwas gesellschaftlich Normales geworden. Daher hoffe ich, dass in Zukunft eine fleischfreie Schulverpflegung Alltag wird und die Kinder schon in der Schule lernen und erfahren, wie einfach es ist, sich gesund und nachhaltig zu ernähren.

Nachhaltigkeit hört beim Essen nicht auf: Die Kapriole möchte in diesem Jahr die Schule um ein weiteres Gebäude in ökologischer Holzbauweise ergänzen und freut sich über Unterstützung.

Vielen Dank für das Interview, Frau Weis und Frau Herzmann.

Veggie im Großformat: Interview mit Mensakoch Stefan Gerhardt

Mehr als 1.000 hungrige Bäuche füllen Stefan Gerhardt und sein Team täglich. In den beiden Frischküchen in der Region Braunschweig, die er gemeinsam mit seiner Frau betreibt, kommt viel Gesundes auf den Speiseplan. Nicht nur weil es gut schmeckt, sondern weil er vom Konzept der pflanzlichen Küche überzeugt ist.

Auf Ihrem Mensa-Speiseplan steht täglich auch ein veganes Gericht. Was hat Sie dazu bewogen, eine rein pflanzliche Menü-Linie anzubieten?
Meine Frau und ich versuchen, so nachhaltig wie möglich zu leben. Wir haben den Verzehr tierischer Produkte sehr stark reduziert. Unsere Tochter lebt seit 2016 vegan, auch das war einer der Gründe, fleischfreies Essen in das Speisenangebot aufzunehmen. Uns ist es wichtig, ein Zeichen gegen Massentierhaltung und Klimawandel zu setzen – und da ist die pflanzliche Küche wunderbar geeignet.

Wie wirkt sich die Einführung einer rein pflanzlichen Menü-Linie auf die Arbeitsorganisation in der Küche aus?
Zu Beginn bedarf es einer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik. Ich musste mir beispielsweise überlegen, welche Alternativen für Milch und Eier infrage kommen. Ist eine vegane Menü-Linie dann einmal etabliert, ist es leicht. Viele Allergene wie Laktose (Milchzucker) und Ei sind in pflanzlicher Kost nicht enthalten, was die Arbeitsorganisation vereinfacht. Außerdem lassen sich mischköstliche Gerichte oftmals auch recht unkompliziert in eine pflanzliche Variante umwandeln. Kein Grund also, auf beliebte Klassiker zu verzichten.

Wie führen Sie Schülerinnen und Schüler an pflanzliche Gerichte heran und wie sind die Reaktionen?
Die Nachfrage nach dem veganen Angebot schwankt stark und hängt vom angebotenen Menü ab. Generell reagieren die Schülerinnen und Schüler aber gut auf die Veggie-Gerichte. Gibt es beispielsweise Lahmacun, wählen fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler die pflanzliche Alternative. Die Akzeptanz hat auch viel damit zu tun, wie die Speisen präsentiert werden. Wenn ich auf dem Pausenbrot Käse und Co. mit einem leckeren pflanzlichen Aufstrich ersetze, ohne es spezifisch als „vegan“ anzupreisen, wird es einfach gegessen. Es geht also auch darum, vegane Vorurteile abzubauen.

Wir stehen hinter dem, was wir tun, und kommunizieren es nach außen. Unter dem Titel „Verpflegung für das Klima“ wurde unser Angebot kürzlich in einer Zeitung dargestellt. Diesen und weitere Artikel zum Thema hängen wir an unserer Pinnwand auf. Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler darüber informiert werden, welchen Einfluss ihre Ernährungsgewohnheiten haben. Denn Massentierhaltung und das damit verbundene Leid finden Kinder überhaupt nicht gut.

Was würden Sie anderen Caterern empfehlen, die ebenfalls ein pflanzliches Angebot etablieren möchten?
Zunächst: Selbst gut vegan essen zu gehen. Sich überraschen zu lassen, wie vielfältig pflanzliches Kochen sein kann und wie gut es schmeckt. Nur wenn ich selbst von veganer Küche überzeugt bin, kann ich sie auch langfristig erfolgreich etablieren. Es ist natürlich erst einmal ungewohnt – neue Zutaten und Zubereitungsmethoden finden ihren Weg in die Küche und das Küchenpersonal muss sich umstellen. Hier gilt es, viel Geduld und Verständnis für mögliche Schwierigkeiten mitzubringen. Und genauso muss auch den Schülerinnen und Schülern Zeit gegeben werden, sich an die neue Auswahl zu gewöhnen. Ich bin immer wieder positiv überrascht, auf wie viel Offenheit und Neugier Veggie-Gerichte treffen, wenn sie richtig zubereitet und präsentiert werden. Das Wichtigste ist daher, sich stets bewusst zu machen, warum die pflanzliche Küche so wertvoll ist – und dann den Mut zu fassen, Neues zu wagen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Gerhardt.

ProVeg Food Services

ProVeg bietet Schulungen und Beratung für Catering-Unternehmen an. Wenn Sie Ihre Großküche auch mit mehr Pflanzen-Power bereichern wollen, aber nicht wissen, wie Sie damit am besten anfangen, stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Und auch wenn Sie sich schon gut in der Veggie-Küche auskennen – in den abwechslungsreichen Modulen finden auch erfahrene Köchinnen und Köche neue Inspiration. Egal ob Sie für Studentenwerk, Großkantine oder kleine Schulküche den Kochlöffel schwingen, kontaktieren Sie uns!

Veggie-Aktionswoche an deutschen Schulen: Interview mit Heiko Höfer von Sodexo

Das Unternehmen Sodexo bietet vielfältige Dienstleistungen für Unternehmen, Gemeinden und Bildungseinrichtungen an. Dazu zählt auch die Schulverpflegung. Anfang Juni 2018 fand in Zusammenarbeit mit Aktion Pflanzen-Power eine bundesweite Aktionswoche mit pflanzlichen Menü-Angeboten statt. Heiko Höfer ist bei Sodexo als Regionaldirektor Nord für den Bereich Schulen und Universitäten verantwortlich und verrät im Interview, was es mit der Veggie-Aktionswoche auf sich hat.

Herr Höfer, Sodexo hat kürzlich eine Aktionswoche mit vegetarischen und veganen Gerichten durchgeführt. Wie war die Nachfrage der Aktionsgerichte?

Im Rahmen unserer Aktionswoche „Hin & Veg“ wurden die vegetarischen und veganen Aktionsgerichte insgesamt 68.669 Mal bestellt. Damit liegt der Anteil bei mehr als 20 % aller Bestellungen. Wir freuen uns sehr darüber, dass die Aktion so viel Anklang gefunden hat und überdurchschnittlich gut angenommen wurde. Zu den Favoriten gehörten Gerichte wie Germknödel mit einer Bestellquote von 40 % und vegane Burger mit 34 %.

 Wie kam es zu der Aktionswoche und der Zusammenarbeit mit ProVeg?

Auf die Organisation bin ich durch eine Informationsveranstaltung von ProVeg im Dezember 2016 aufmerksam geworden. Seitdem stehen wir in regelmäßigem Kontakt. Da ein vegetarisches und veganes Ernährungsangebot in der Kinder- und Schulspeisung eine immer wichtigere Rolle spielt und Sodexo pro Jahr 3–4 Aktionen zu den unterschiedlichsten Themen durchführt, waren wir sehr aufgeschlossen für eine Kooperation mit ProVeg. Die Aktion „Hin & Veg“ wurde Mitte des letzten Jahres durch uns geplant und mit der Unterstützung von ProVeg bei der Erstellung der Rezepturen, beim Probekochen und bei der Begleitung durch Aktionstage in ausgewählten Schulen umgesetzt.

Welche Rückmeldungen hat Sodexo nach der Aktionswoche erhalten?

Die Rückmeldungen, die uns erreicht haben, waren durchweg positiv. Sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Eltern und Lehrkräfte waren begeistert von der Aktion. So erreichte uns zum Beispiel folgendes Feedback aus Radebeul: „Die vegan-vegetarische Woche ,Hin & Veg‘ am Luisenstift Gymnasium fand meine Tochter sehr lecker! Bitte mehr davon, auch im normalen Schulalltag, und weniger Fleisch.“ Wie wichtig ein vegetarisches und veganes Angebot gerade auch für die Eltern ist, zeigt diese Rückmeldung aus Schmölln: „Ich bin sehr erfreut, dass es endlich auch vegane Gerichte auf den Speiseplan geschafft haben. Ich hoffe, dass dies keine einmalige Aktion war, sondern würde mir ein dauerhaftes veganes Angebot wünschen.“ Aufgrund des großen Erfolgs haben wir die Aktionsgerichte, die bei unseren Schülerinnen und Schülern besonders gut angekommen sind, in den regulären Speiseplan übernommen.

Wie plant Sodexo, den Fleischanteil seiner Menüs weiter zu reduzieren?

Bei der Gestaltung unserer Speisepläne richten wir uns unter anderem strikt nach den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Schulverpflegung. Demnach gibt es pro Woche maximal 2 Fleisch- und 1 Fischgericht pro Menülinie. Bereits gelebte Praxis ist es außerdem, dass von unseren täglich zur Auswahl stehenden 3 Menülinien immer ein Menü vegetarisch oder sogar vegan ist. Ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen ist uns bei Sodexo extrem wichtig. Daher sind wir unter anderem Gründungsmitglied der Initiative „United Against Waste“, um gemeinsam mit unseren Marktbegleitern auf diesem Gebiet Standards zu setzen und uns gegen Lebensmittelverschwendung zu engagieren.

Wann wird es die nächste Veggie-Woche geben?

Die durchweg positive Resonanz, die wir mit der Aktion „Hin & Veg“ erzielt haben, bestärkt uns darin, dass wir mit diesem Angebot goldrichtig liegen. Daher wird eine Veggie-Woche sicher auch in Zukunft ein Bestandteil unserer Aktionen sein, die wir jährlich an rund 650 Schulen und 450 Kindertagesstätten anbieten. Wir sind davon überzeugt, mit dieser Aktionswoche eine wichtige und schöne Tradition begründet zu haben und freuen uns auf die weitere erfolgreiche Zusammenarbeit mit ProVeg.

Vielen Dank, Herr Höfer, für das Interview.

Vegan-vegetarische Rezepte für Kitas: Ernährungswissenschaftlerin Dagmar von Cramm im Interview

Die erfolgreiche Food-Journalistin Dagmar von Cramm veröffentlichte schon mehr als 200 Bücher und Ratgeber über Ernährung. In diesem Jahr erschien „Das Veggie-Kochbuch für die Kita“, das Caterern und Köchen bei der pflanzlichen Versorgung als Wegweiser dienen kann. Damit greift die Ernährungswissenschaftlerin ein aktuelles Thema auf und verweist auch auf die Aktion Pflanzen-Power.

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